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Kosmopolitischer Anarchist aus dem Boland – Die Mail & Guardian

Der südafrikanische Dichter, Schriftsteller und Maler Breyten Breytenbach‍ verbrachte nach seiner ​Inhaftierung aufgrund seiner anti-apartheidischen​ Haltung‍ sein ⁣Exil‍ in Frankreich. (Foto: Julio ⁤Donoso/Getty Images)

Am Sonntag erhielt ich die Nachricht, dass Breyten Breytenbach gestorben war. An⁣ diesem Abend fuhren meine Frau Irma, unser Freund Vangile und ​ich von Dikeni (Alice), wo wir leben, nach Hogsback.

Auf ​dem Weg durch die Amathole Mountains‍ hörten wir Breytenbachs gesprochenes Album „Lady One“. ​Seine buddhistischen Gesänge schienen​ irgendwie zu den grünen Hügeln und Dörfern der Eastern Cape zu passen.

In Hogsback⁣ bestellten wir in einem Restaurant eine gute Flasche ⁤Rotwein ‌zu⁣ unserem Essen. ‌Breyten war ein Bolander und schätzte die Produkte aus seinen ‍Weinbergen. Als wir ein Glas Rotwein⁣ auf den ⁣Boden‍ gossen, rezitierte ⁤ich ​eines seiner Gedichte mit dem Titel „26. November ⁣1975“.

„Camagu“, antwortete Vangile⁤ und verwendete‍ ein isiXhosa-Wort, um den Vorfahren zu ehren.

Breytenbach war 85 Jahre alt. Ich hatte erwartet,​ dass er viel länger leben würde, denn als ich ihn das letzte Mal in Südafrika sah, bewegte er‌ sich immer noch wie ein junger Mann.

Ich schrieb dies seinem lebenslangen Yoga-Regime zu. Mir war nicht bewusst, ‌dass er an Krebs litt. Vor einigen Wochen stürzte er, was sein Ende beschleunigte. Er starb in Paris, mit seiner Frau Huâng Liên Ngo, vielen bekannt als⁤ Yolande, an seiner Seite.

In vielerlei Hinsicht ist Breyten ein Vorfahre und ein Vorbild für diejenigen von ⁢uns, die⁣ nicht in das alte Afrikanertum passen. Er war zutiefst‌ Afrikaans, aber für ihn​ war Afrikaans eine Sprache,‌ die ‍von allen gesprochen wurde, die diese Kreolsprache sprachen. Er war sowohl kosmopolitisch als ‌auch verwurzelt im Boland.

Als Künstler sind seine Gedichte und Gemälde erhaben. Er ist wohl⁢ einer der größten Dichter der afrikaanssprachigen ⁤Literatur, ⁣neben Antjie Krog.

Als Aktivist hatte ​er eine schwierige und komplizierte Beziehung sowohl zur Apartheidregierung als auch⁤ zur Befreiungsbewegung.

Breytenbach wurde⁤ am 16. September 1939 ⁣in‌ Bonnievale geboren. Seine Eltern‍ waren Hans und Kitty ‌Breytenbach; seine Brüder Jan,⁤ Cloete, ⁤Sebastiaan und seine Schwester⁢ Rachel. Breyten war der ⁣letzte der Geschwister, der starb.

Er wuchs in Wellington auf, wo die Familie bis 1970 einen Laden und ein Gästehaus betrieb. Nach seinem Abitur im Jahr 1957 studierte er‍ Bildende Kunst und Sprachen an der Universität von Kapstadt ⁢und⁣ Michaelis.

In Kapstadt freundete er sich mit Menschen‍ wie Jan Rabie und Marjorie Wallace; Peter Clarke; Ingrid Jonker; Abraham‌ de Vries⁤ und‍ Marius Schoon⁤ an.

Diese‌ Freundschaften prägten sein Leben und‍ bildeten das Rückgrat‍ dessen, ​was⁢ später⁣ als⁢ die Sestigers bezeichnet wurde, eine Gruppe progressiver afrikaanssprachiger Schriftsteller, ⁤die sich in der Sprache des Systems ⁤gegen die Apartheid aussprachen.

Im Jahr 1960 verließ Breytenbach mit dem‌ Schiff Europa und ließ sich in Paris​ nieder, ⁤um sein​ Studium fortzusetzen und sich als ‍bildender Künstler zu etablieren. Während seines Studiums an der Sorbonne lernte⁢ er Yolande kennen, deren vietnamesische Eltern in Paris arbeiteten.

Sie heirateten‌ 1962 in London und⁤ kauften eine kleine Wohnung in Paris. Breyten engagierte sich auch in der ⁣Anti-Apartheid-Bewegung.

Zu dieser Zeit war seine primäre ⁤berufliche ‌Identität ‍als bildender Künstler, aber nach einem Eingriff des afrikaanssprachigen ⁤Autors Chris Barnard ⁤wurde ein Ordner mit Breytens Schriften zur Veröffentlichung in‌ Südafrika eingereicht.

Im Jahr 1964 wurden ein Gedichtband mit dem Titel „Die Ysterkoei Moet Sweet“ und ⁢eine Sammlung von ‌Kurzgeschichten, „Katastrofes“, veröffentlicht. Beide gewannen Literaturpreise, was einen dringend benötigten finanziellen Schub in Paris und​ beträchtliche Anerkennung in Südafrika bedeutete.

Breytenbach wurde zu einer einflussreichen‍ Persönlichkeit im afrikaanssprachigen Establishment, ⁣wenn auch⁤ als Außenseiterkritiker. Seine Schriften unterlagen der Apartheidzensur und er wurde von Literaturpreisen wie dem ‌Hertzog-Preis, dem angesehensten afrikaanssprachigen‌ Preis, ignoriert.

Kontroverserweise wurden Breyten und Yolande die ​Visa verweigert, um Südafrika zu besuchen, da ihre Ehe ​nach dem ‌Gesetz über gemischte⁢ Ehen von 1949 illegal war.

Als Breyten schließlich 1973 das Land besuchte, hielt er eine⁢ Rede, in der er sagte, dass die Afrikaner ein ‍“bastardisiertes Volk mit ‌einer bastardisierten Sprache“ ⁣seien ⁤und‍ dass dies etwas Schönes⁢ sei. Die Afrikaner ​müssten „Dünger“ sein, der Leben spendet, indem er verrottet.

Dies sorgte für großes Ärgernis und Bestürzung im afrikanischen nationalistischen ⁢Establishment.

In⁢ Frankreich beteiligte sich ‌Breytenbach an ⁣der Gründung einer Organisation ⁤namens Okhela mit anderen afrikaanssprachigen Anti-Apartheid-Aktivisten. Die Organisation‍ war lose mit‌ dem ⁤ANC im Exil verbunden, fiel jedoch nicht unter dessen Kommandostrukturen.

1975 ging Breytenbach undercover und ‌besuchte Südafrika mit‍ einem ‍falschen Pass als „Christian Galaska“, ​um​ Verbindungen zwischen ⁢europäischen ⁢Geldgebern und der aufstrebenden ‍Gewerkschaftsbewegung herzustellen.

Er ​wurde jedoch verhaftet‍ und zu Gefängnis verurteilt. Das Gedicht, das ich in Hogsback rezitierte, schrieb er, während der ⁢Richter das Urteil verlas.

Gefängnis bedeutete zwei Jahre Einzelhaft, in denen er schreiben durfte, aber nicht malen. Als seine Mutter ​1978 starb, wurde ihm die ‌Erlaubnis verweigert, an der Beerdigung⁤ teilzunehmen.

An dem⁤ Tag, an⁢ dem er die Nachricht von ihrem‍ Tod ‌erhielt, ließ sein Wärter das ⁤Licht in seiner Zelle an und beobachtete ‌ihn ‌durch‍ das Guckloch die⁢ ganze Nacht.

Seine Gefängnisgedichte gewannen im Ausland‍ Preise, wurden aber in Südafrika verboten.

Seine Freilassung erfolgte am 2. Dezember 1982 nach Druck der französischen Regierung. Breytenbach kehrte nach Paris zurück und⁣ wurde 1983 französischer‌ Staatsbürger.

Sein Gefängnismemoiren, „True Confessions of an Albino Terrorist“ ⁢(1984), ist⁤ immer ​noch sein ‍meistgelesenes Buch weltweit.

Schließlich wurde Breyten 1984 ​mit dem Hertzog-Preis ausgezeichnet,⁢ lehnte ihn jedoch ab ​und erklärte,‍ dass er diese Auszeichnung ablehne, solange Nelson⁤ Mandela noch im⁣ Gefängnis sei.

Ende der Achtzigerjahre spielte‍ er zusammen mit Personen wie Frederik van ‌Zyl Slabbert eine Schlüsselrolle bei der Einrichtung nicht staatlich unterstützter Kommunikation zwischen dem ANC und führenden abtrünnigen Afrikanerfiguren.

Dies gipfelte in⁢ dem berühmten Treffen von 1987‍ im Senegal, das von der antagonistischen afrikaanssprachigen Presse als „Dakar⁢ Safari“ bezeichnet wurde.

Im Jahr 1993 stellte ‍Breytenbach erstmals seine ​Gemälde und Skizzen in Südafrika aus. In einem ⁤Katalogessay im Buch „Painting ‌the​ Eye“ schrieb ⁣er:

„Nur Anarchie kann uns ‌vor Chaos bewahren. ‍Unsere Unschuld bestand darin, an ​die Güte⁣ des menschlichen Geistes und die Vollkommenheit des menschlichen Intellekts zu glauben. Die von mir vorgeschlagene⁤ Anarchie hat mit dem unermüdlichen‍ Hinterfragen aller Formen und Ausübungen von Macht⁢ zu tun.

„Die menschliche Verfassung⁢ sollte meiner Meinung nach‌ dieser selbstentzündliche⁤ Moment des Aufstands und der Verhöhnung im Nicht-Zeit-Leerraum sein.

„Sie müssen sich ⁢durch das Schichten des Gemäldes arbeiten, ‌um die Nacktheit des Nicht-Seins zu ⁤erreichen. Auf dem ‌Weg muss das Ich unaufhörlich‌ erfunden werden, wenn auch⁢ nur, um einen (zerfallenden) Beobachtungsposten zu haben.“

Dieser Essay vermittelt ein‍ Gefühl dafür, wie⁤ Breytenbach kreative Outputs mit Politik verband ‌- er war nicht jemand, der sich politischer Disziplin oder Kontrolle unterwarf.

In⁤ den ⁣1990er⁢ Jahren kritisierte er öffentlich die neue ANC-Regierung wegen autoritärer Tendenzen‌ und Korruption. Er erhielt auch zahlreiche internationale⁢ Auszeichnungen, zu viele, um sie alle zu nennen.

Aber auch wenn er sich für​ Afrikaans als inklusive Sprache einsetzte, sorgte er weiterhin für Unruhe im kulturellen Establishment. Sein Stück „Boklied“ (Ziegenlied),​ das 1998 aufgeführt wurde, sorgte für Aufruhr, und Breytenbach schwor, nie wieder auf Afrikaans ⁢zu veröffentlichen.

Wie Charl Blignaut damals in dieser Zeitung über die‍ Premiere beim⁣ Klein Karoo Kunstefees schrieb: „Es lag in der Luft, lange bevor⁣ der ‌junge schwarze Schauspieler auf der ⁢Bühne beschloss, seinen Trenchcoat​ und den Strap-On-Dildo ⁣abzulegen und sich in ⁣seine Rolle als ⁢Ritsos zu⁤ versetzen … splitternackt. Bevor er und ​Isis sich daran‌ machten, Tereus‘ entblößten Hintern​ zu ⁢erkunden, steckte sie etwas ⁣freudig eine ‍Feder ​hinein, während Drag King‍ Antoinette‌ Kellerman als‌ Farenj die zierliche kleine​ Madonna von Grethe Fox im Hintergrund‌ verwüstete.“

In ⁤diesem ⁤Zusammenhang, als er 1999 erneut den Hertzog-Preis⁢ erhielt, rief Mandela ‌ihn an und bat ihn, ihn anzunehmen, was er tat. Dennoch lehnte er 2005 eine Auszeichnung des ‌damaligen Kunst- und Kulturministers Pallo Jordan ab.

In den 2000er Jahren unterrichtete er⁢ Kreatives⁢ Schreiben in New York und war weiterhin am ⁣Goreé-Institut in ‍Dakar beteiligt. Er veröffentlichte auch mehrere Alben mit gesprochenen​ Worten in ⁢Zusammenarbeit mit⁢ Musikern.

Er organisierte Literaturfestivals, bei denen oft‌ Dichter‌ aus Ländern auftraten, in ‌denen sie inhaftiert und verfolgt wurden. Seine enge Freundschaft mit dem palästinensischen Dichter Mahmoud Darwish bedeutete, dass er eine öffentliche und prinzipientreue anti-israelische Position ‌einnahm.

Im Februar 2007 wurde ⁣Breytenbachs Kindheitshaus in⁣ Wellington in ein⁢ Gemeindezentrum umgewandelt ‍und fungiert immer noch als Zentrum für ⁤Kunst, Literatur und darstellende Künste.

In Südafrika ist er als Dichter und Aktivist‌ am besten bekannt, in Frankreich als Maler. Seine Gedichtbände enthielten oft Bilder, seine Gemälde Text, während​ seine E-Mails wie Gedichte lasen.

Breytenbach ⁣war ein⁢ wirklich außergewöhnlicher Mensch, dessen Leben und schöpferischer Geist zeigten,​ dass eine künstlerische ​Vorstellungskraft notwendigerweise ‍sowohl zutiefst persönlich als auch⁣ politisch⁢ ist.

Andries Bezuidenhout ist Gelehrter, Dichter, Musiker und⁣ Künstler.

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