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Mail & Guardian - Südafrika

Sarajevo: Eine Stadt voller Tragödien – The Mail & Guardian

Das Theater des Krieges: Alistair Moulton Black als Aleksander und Aimee Mica Komorowsky ‌als Mirela im‍ Stück Sarajevo.

Platons Beobachtung „Nur die Toten haben das Ende des Krieges gesehen“ ist zutiefst wahr. Krieg ist der ewige Standardmodus der Menschheit, das intimste Zeichen ihrer intrinsischen Grausamkeit.

„Die⁣ Geschichte tut weh“, schreibt⁤ der amerikanische ⁣Philosoph Fredric Jameson.

Was unsere Unterwerfung unter Gewalt oder unsere ‍vorgestellte⁣ Immunität betrifft – die Annahme, dass Krieg anderswo stattfindet? Die Wahrheit ist,‌ der Krieg⁣ ist überall. Immunität ist eine Illusion.⁤ Leiden ist die bestimmende Bedingung. Freude oder Erlösung wird nur erreicht, wenn man durch⁣ eine Enge gegangen ist.

Sarajevo, ein Bühnenstück‌ geschrieben von⁤ und⁤ mit Aimee Mica Komorowsky und unter der Regie von Kayli Elit Smith, wirft diese ‍nagenden ⁣Fragen⁣ zu Gewalt, ethnischem Hass, der Brutalisierung von ⁢Frauen und der Monstrosität von Männern auf.

Während des Bosnienkrieges, der am 6. April 1992 begann und am 14. Dezember 1995 endete, ist es eine intime Untersuchung ​von sexueller Diskriminierung und Missbrauch,‌ verbotener ⁢Liebe über ⁣ethnische Grenzen⁢ hinweg und eine ⁣Analyse männlicher Macht.

Neben Komorowsky stehen drei Männer auf der Bühne: ein südafrikanischer Kriegsfotograf und zwei serbische ⁢Soldaten unterschiedlichen Ranges. Komorowsky ​spielt ⁤eine Bosnierin.

Wenn die Monstrosität der ethnischen Säuberung ein ⁤zentrales ⁤Thema ist, erlaubt⁤ sich Sarajevo ⁤zu keinem Zeitpunkt, zu einem Sprachrohr für ⁢ideologische⁢ Perversion zu werden.

Nie dogmatisch, immer tief in zwischenmenschlichen Spannungen verwickelt, ermöglicht das Stück, eine rohe menschliche Bedingung zu betreten und zu verstehen, wie Verletzlichkeit entsteht, warum Missverständnis die Wurzel von Gleichgültigkeit und Grausamkeit ist, wie Auflösung – der ​vorhersehbare Bogen konventioneller Geschichten – obszön sein könnte.

Denn am Ende von Sarajevo wird man nicht befriedigt. Die Tatsache, dass die ‌Vergewaltigungsszene im ⁣vorletzten Moment ⁢stattfindet, verstärkt die Tatsache, dass „Geschichte weh tut“, dass Auflösung ​eine Fantasie inmitten von Krieg und ⁢Gewalt ist.

Die ⁤männlichen Protagonisten – Ivan Nedeljkovic und Alistair Moulton Black als Soldaten und Duane Behrens als Fotograf – bieten⁤ einen markanten⁣ Gegenpol zur zentralen weiblichen Protagonistin.

Zwei begehren ihre Liebe, die unerwidert⁣ bleibt. Der andere wird ‍im Griff persönlicher ⁢Qualen zum Vergewaltiger. Dieses Spektrum zwischen⁢ Liebe und Hass, ​Fantasie und Obszönität, umspannt ein Einakter, der​ paradoxerweise inmitten seiner ⁤Brutalität stärkend ist.

Dies⁣ liegt daran, dass der Autor und Regisseur nie den Blick auf eine rohe Sterblichkeit verlieren. Es gibt keine Abschweifungen, keine Ellipsen – trotz⁤ Szenenwechsel – denn die Regisseurin, Elit Smith, weicht nie von den instinktiven ⁣und unmittelbaren Leidenschaften⁤ ab, die das Drama antreiben.

Inszeniert im ⁣Holocaust-Museum von Johannesburg,​ einem‌ passenden Ort der Trauer, ist⁣ die Produktion schlank.

Zusammengesetzt⁣ aus ​Pappkartons‌ – gestapelt als bombardiertes⁤ Gelände, ⁢einem Tisch, Stühlen – beschwört die Komposition verlassene Bausteine herauf, so substantiell wie sie zerbrechlich sind, denn nichts ist vor Zerstörung immun.

Das Licht ist genauso‌ sparsam⁤ und geschickt eingesetzt. ‌Es‍ ist der Soundtrack, ⁤der sich ⁢als ⁣die wirksamste theatralische Waffe erweist – eine ⁤umfassende gestaffelte und gebrochene⁣ Arie zum Wahnsinn des Krieges.

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Inmitten dieses kontinuierlichen Lärms⁣ behaupten sich die Schauspieler. Man wird nie von der Tatsache des ‌Krieges und⁣ den psychologischen Schäden, die er ⁣verursacht, befreit.

Jede Figur hat ihren eigenen Dämon, jede ist⁢ in die ⁢andere verstrickt.⁢ Wie Jean-Paul Sartre ⁣bemerkte, „Die Hölle sind ⁢die anderen“ – ​das ist die Falle, die die Dramatikerin ​Komorowsky gestellt hat.

Wenn Krieg‍ alles verzehrend ist, was ist dann mit ​Frieden? Sind wir jemals wirklich von der‌ Last der Geschichte befreit? Ist ‍Erleichterung nur von kurzer Dauer?

Was ist mit ‍Komorowskys⁢ Skript, das sicherlich der Star des Stücks ist? Es⁢ sind ihre⁣ Worte, prägnant direkt und unverfälscht, die innerhalb und von dem Moment geformt‌ sind, in dem sie⁤ konzipiert wurden, in dem körperlich, emotional, all ‌der menschliche Schmerz und das Verlangen zu scheinen destilliert sind, die, wenn sie ⁣von begabten Schauspielern ausgesprochen werden, das Publikum‌ in ein zersplittertes und zerschmetterndes Maul stürzen.

Aber dies ist ein Theaterstück und als solches eine künstlerische Darstellung dessen, was im Krieg​ oft⁤ zum Schweigen gebracht wird. Wenn ich ‌also⁤ die geschriebenen und dann gesprochenen Worte betont habe, dann deshalb,⁣ weil wir ohne Worte, noch mehr als fotografische Bilder,⁢ die ⁢Wahrheit‌ über Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, ‍über fortwährenden Horror, nicht kennen ⁣können.

Deshalb ist ​Wahrheit und Versöhnung wichtig, aber auch warum sie auch⁣ immer entziehbar sind.​ Dass⁢ Komorowsky sich ⁢geweigert hat, einen Bericht zu schreiben, das⁣ Grauen zu erklären oder ‍zu relativieren, ist umso heilsamer.

Während die Dramatikerin und Schauspielerin weiß, ​mit Margaret Atwood, dass „Krieg das ist, was passiert, ‍wenn die Sprache versagt“, versteht sie auch zutiefst die Bedeutung von⁢ Worten und⁢ ihrer Äußerung in und durch ruinierte und⁣ verlassene Körper. Dies ist also ihr Sarajevo.

Sarajevo wird am ​19. und 25. Mai erneut im Holocaust- und Völkermordzentrum von Johannesburg‌ aufgeführt.

Team

Rike – Diplom-Volkswirtin mit einem ausgeprägten Interesse an internationalen Wirtschaftsbeziehungen und gesellschaftlichen Entwicklungen.
Christian – Diplom-Finanzwirt (FH) mit fundierter Erfahrung im öffentlichen Sektor und einem Fokus auf finanzpolitische Analysen.

Obwohl wir in vielen Fragen unterschiedliche Perspektiven einnehmen, teilen wir die Überzeugung, dass ein umfassendes Verständnis globaler Ereignisse nur durch die Betrachtung vielfältiger Standpunkte möglich ist.

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Rike – Diplom-Volkswirtin mit einem ausgeprägten Interesse an internationalen Wirtschaftsbeziehungen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Christian – Diplom-Finanzwirt (FH) mit fundierter Erfahrung im öffentlichen Sektor und einem Fokus auf finanzpolitische Analysen. Obwohl wir in vielen Fragen unterschiedliche Perspektiven einnehmen, teilen wir die Überzeugung, dass ein umfassendes Verständnis globaler Ereignisse nur durch die Betrachtung vielfältiger Standpunkte möglich ist.