Neue Mission freigeschaltet‘: UN-Experten bekämpfen Extremismus in Gaming-Welten
In einer Branche, die Hollywood in Bezug auf den reinen Geldwert überholt hat und bis 2023 196 Milliarden US-Dollar erreichen wird, werden diese digitalen Plattformen zu Rekrutierungsstätten für Extremisten, was eine beispiellose Zusammenarbeit zwischen Spezialisten für Terrorismusbekämpfung und Gaming-Unternehmen zur Folge hat.
Um die wachsende Bedrohung zu diskutieren, sprach Sarah Daly von UN News mit Steven Siqueira, stellvertretender Direktor des UN Counter Terrorism Centre (Teil des Büros für Terrorismusbekämpfung, UNOCT) und Leif Villadsen, geschäftsführender Direktor des UN Interregional Crime and Justice Research Institute (UNICRI).
Die leitenden Beamten veranstalteten am 6. Dezember eine wegweisende Veranstaltung zu diesem Thema namens „New Quest Unlocked“, bei der Gaming-Unternehmen, politische Entscheidungsträger und Forscher zusammengebracht wurden, um sich mit gewalttätigem Extremismus in Gaming-Räumen auseinanderzusetzen.
„Der alarmierende Trend hat einen kooperativen Forschungsansatz mit der Gaming-Branche und angrenzenden Plattformen erforderlich gemacht“, sagte Herr Siqueira und betonte, wie extremistische Gruppen zunehmend Gaming-Räume und angrenzende Plattformen wie Discord und Telegram ins Visier nehmen.
Das Interview wurde aus Gründen der Kürze und Klarheit bearbeitet.
UN News: Ihre gemeinsame Veranstaltung „New Quest Unlocked“ brachte sowohl UNICRI als auch UNOCT sowie Gaming-Unternehmen, politische Entscheidungsträger und Forscher zusammen. Was hat diese Zusammenarbeit ausgelöst?
Steven Siqueira: Im vergangenen Jahr 2023 war die Gaming-Branche und angrenzende Plattformen eine 196 Milliarden US-Dollar Industrie. Im Vergleich dazu betrug die Filmindustrie etwa 40 Milliarden, also ist sie fünfmal so groß wie die Filmindustrie.
Junge Menschen werden von Terroristen und gewalttätigen extremistischen Gruppen über diese Plattformen erreicht, wobei Propagandavideos zunehmend auf Discord, Telegram und Tiktok auftauchen. Dieser alarmierende Trend erforderte gemeinsame Forschung und Zusammenarbeit mit der Gaming-Branche, angrenzenden Plattformen und natürlich unseren Mitgliedern und Mitgliedstaaten.
UN News: Aktuelle Geheimdienstberichte deuten darauf hin, dass das Bedrohungsniveau höher ist als bisher angenommen. Was genau beobachten Sie?
Steven Siqueira: Während Gaming viele positive Aspekte in Bezug auf soziale Interaktion weltweit hat, besteht auch ein zunehmendes Risiko, dass Terroristen und gewalttätige extremistische Gruppen diese Plattformen und die angrenzenden Gaming-Plattformen nutzen, um ihre Botschaft zu verbreiten.
Die Ergebnisse sind alarmierend: Allein in Australien sind in etwa jedem fünften Fall von Terrorismusbekämpfung junge Menschen beteiligt, wobei Gaming-Plattformen in jedem untersuchten Fall eine Rolle spielen.
UN News: Diese Ergebnisse stellen gängige Wahrnehmungen über Gaming-Plattformen in Frage. Wie hat sich die Landschaft entwickelt?
Steven Siqueira: Die Branche richtet sich nicht nur an junge Menschen. Immer mehr liegt das durchschnittliche Alter der Spieler bei etwa 30-35 Jahren und es ist viel ausgewogener in Bezug auf das Geschlecht als in früheren Jahren.
UN News: Ihre Forschung konzentriert sich insbesondere auf den Gaming-Markt in Afrika. Warum ist diese Region so entscheidend für das Verständnis zukünftiger Herausforderungen?
Leif Villadsen: Afrika ist tatsächlich einer der am schnellsten wachsenden Märkte für mobile Spiele geworden. Mit einer beispiellosen jährlichen Wachstumsrate von 11 Prozent stellt der Kontinent sowohl eine außergewöhnliche Chance als auch eine potenzielle Schwachstelle dar.
Wir wollen die Branche, die Gemeinschaft, die verwendeten Taktiken und die Lücken und Herausforderungen in unserem eigenen Verständnis dieser Bedrohung auf dem gesamten Kontinent besser verstehen.
UN News: Sie entwickeln etwas namens „Gaming Intelligence“ als Teil globaler Präventionsstrategien. Wie wird dies die digitale Sicherheit verändern?
Leif Villadsen: Gaming Intelligence konzentriert sich darauf, Informationen von Open-Source-Plattformen wie in Spielen, Chats und sozialen Medien zu sammeln, um extremistische Inhalte und Rekrutierungsaktivitäten zu verfolgen. Diese Informationen sollen Frühwarnsysteme informieren und helfen, Radikalisierung in einem frühen Stadium zu erkennen und zu verhindern.
UN News: Wie wichtig ist künstliche Intelligenz für diese globalen Präventionsmaßnahmen?
Leif Villadsen: Angesichts der Größe des Ökosystems streben wir die Entwicklung und Bereitstellung fortschrittlicher Inhaltsmoderationstools mit KI-basierten Tools an. Allerdings ist die Gaming-Community mit Persönlichkeiten mit großen Anhängerschaften gefüllt, daher wollen wir jegliche Art von Abschaltungen oder massiven Aktionen vermeiden, die kontraproduktiv sein könnten und von Gamern als verdächtig angesehen werden könnten.
Es ist entscheidend, dass wir mit der Gaming-Community, privaten Unternehmen und mit den Spielern selbst, einschließlich junger Frauen und Männer, zusammenarbeiten, um die Gemeinschaft zu informieren und widerstandsfähiger gegenüber gewalttätigem Extremismus zu machen.
UN News: Wenn wir auf das Jahr 2025 blicken, welche konkreten Ergebnisse werden die Gaming-Räume sicherer machen?
Leif Villadsen: Durch die Schaffung gemeinsamer globaler Standards und die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Technologieunternehmen und Zivilgesellschaft können wir einen Rahmen für die Bewältigung dieser Bedrohungen auf koordiniertere Weise bieten.
Steven Siqueira: Der Global Digital Compact erkennt diese doppelte Realität des digitalen Zeitalters an und fordert ein vereintes globales Engagement, um sicherzustellen, dass digitale Räume sicher, inklusiv und im Einklang mit den Grundsätzen der Menschenrechte sind.
Letztendlich könnte es uns helfen, die richtigen Akteure im Gaming-System zu finden – diejenigen, die eine Stimme haben, aber auch offen dafür sind zu verstehen, was die Bedrohung ist und wo sie gemindert werden kann und wie man am besten Bedrohungen mindern kann, um das Gaming-Ökosystem zu stärken und widerstandsfähiger gegenüber gewalttätigem Extremismus zu machen.