„Wenn wir in einer chaotischen Welt leben, ist es sehr wichtig, sich an Prinzipien zu halten, und die Prinzipien sind klar: die UN-Charta, das Völkerrecht, die territoriale Integrität von Ländern und das humanitäre Völkerrecht“, sagte der UN-Chef bei der Eröffnung des Europäischen Rates in Brüssel.
„Das ist der Grund, warum wir glauben, dass es für die Ukraine wichtig ist, Frieden zu haben…(und) das ist der Grund, warum wir aus den gleichen Gründen einen Waffenstillstand in Gaza brauchen.“
In einem kurzen Pressegespräch verurteilte Guterres die von der Hamas angeführten Terroranschläge vom 7. Oktober, bei denen etwa 1.200 israelische und ausländische Staatsangehörige getötet wurden, bevor er erneut seine Sorge zum Ausdruck brachte, dass „die Zahl der Opfer unter der Zivilbevölkerung im Gazastreifen so hoch ist wie nie zuvor seit meiner Zeit als Generalsekretär“.
Tedros Hungeralarm
Der Leiter der UN-Gesundheitsorganisation, Tedros Adhanom Ghebreyesus, wies am Donnerstag in Anlehnung an die Äußerungen des UN-Chefs auf die Notlage „vieler“ Jugendlicher im nördlichen Gazastreifen hin, die nach fast sechs Monaten Krieg schwer verletzt in Krankenhäusern liegen oder angeblich „verhungern“.
In einem Beitrag in den sozialen Medien, der den Appell von Tedros begleitete, zeigte ein Videoclip aus dem Al-Shifa-Krankenhaus einen jungen amputierten Rafiq, der Berichten zufolge aus den Trümmern seines Hauses in Gaza-Stadt gerettet worden war.
Das Video, das am 17. März aufgenommen wurde, zeigte laut WHO – den Arzt des Jungen. Dieser behauptete, dass nahrhafte Lebensmittel, die Proteine, Kohlenhydrate, Fette, Vitamine und Mineralien enthalten, „in den meisten Teilen des nördlichen Gazastreifens nicht verfügbar sind“.
Der ungenannte Mediziner stellte außerdem fest, dass es neben dem unterernährten jungen Patienten aus Gaza-Stadt, den er behandelte, laut Berichten von Eltern noch viele andere Kinder gebe, die aufgrund von Unterernährung in den überfüllten Krankenhäusern von Gaza gestorben sind – dies jedoch ohne jegliche medizinische Untersuchung.
Die WHO konnte die medizinische Einrichtung zuletzt am 11. März erreichen, um Treibstoff und Medikamente zu liefern, so die UN-Agentur. Medienberichten zufolge geht der israelische Militärangriff auf Al-Shifa, der am Montag begann, nun schon in den vierten Tag.
„Die Geschichte wird uns alle dafür verurteilen, was diese Kinder ertragen müssen“, schrieb WHO-Generaldirektor Tedros auf X, früher Twitter. „Waffenstillstand! Erlauben Sie sofortigen, ungehinderten und erweiterten humanitären Zugang.“
Am Montag hat eine von der UNO unterstützte Gruppe für Ernährungssicherheit in einer Analyse davor gewarnt, dass 1,1 Millionen Menschen im Gazastreifen jetzt unter katastrophalem Hunger leiden und im Norden „jederzeit bis Mai“ eine Hungersnot droht.
Nach neuesten Angaben der WHO gab es seit dem 7. Oktober 410 Angriffe auf die Gesundheitsversorgung im Gazastreifen. Die Angriffe haben Berichten zufolge Hunderte von Opfern gefordert, fast 100 Einrichtungen beschädigt und mehr als 100 Krankenwagen in Mitleidenschaft gezogen.
Im Westjordanland dokumentierte die UN-Gesundheitsorganisation seit dem 7. Oktober 403 Angriffe auf die Gesundheitsversorgung.
Fast 31.200 Menschen sind im Gazastreifen durch die intensive israelische Bombardierung getötet und mehr als 74.000 verletzt worden, so das UN-Koordinationsbüro für Hilfsgüter OCHA und beruft sich dabei auf die Gesundheitsbehörden der Enklave. Nach Angaben des israelischen Militärs sind bei der Bodenoperation, die am 27. Oktober begann, 251 Soldaten getötet worden.
US fordert in neuem Entwurf „sofortigen Waffenstillstand
Der US-Außenminister Antony Blinken sagte am Donnerstag, dass der neueste Entwurf einer Resolution aus Washingtons Feder zum Gazastreifen vor dem Sicherheitsrat enthält nun die Forderung nach „einem sofortigen Waffenstillstand, der an die Freilassung der Geiseln gebunden ist“.
Es ist unklar, wann über den Entwurf abgestimmt werden soll, aber Nachrichtenberichte deuten darauf hin, dass dies bereits am Freitag der Fall sein könnte. Die USA haben in der Vergangenheit Versuche, eine Waffenstillstandsresolution zu verabschieden, blockiert.
Der US-Spitzendiplomat sprach in Ägypten und bereist den Nahen Osten, während die indirekten Verhandlungen über ein mögliches Abkommen zwischen Israel und der Hamas, die von den USA, Ägypten und Katar vermittelt wurden, weitergehen. Blinken sagte, eine Einigung sei „sehr gut möglich“.
Kriegswaffe
Unterdessen hat der Leiter der UN-Agentur für palästinensische Flüchtlinge (UNWRA), Philippe Lazzarini, erneut dazu aufgerufen, Gaza mit humanitärer Hilfe zu „überschwemmen“.
Lazzarini verurteilte eine „menschengemachte Hungersnot“ im Norden und betonte, dass die „einfache Antwort“ darin bestehe, „alle Landübergänge nach Gaza“ zu öffnen. „Es ist einfach, den Gazastreifen mit Nahrungsmitteln zu überschwemmen, es ist einfach, diesen Trend umzukehren und ich glaube auch, dass es ein kollektiver Makel für unsere kollektive Menschlichkeit ist, dass sich eine solche Situation künstlich vor unseren Augen entfaltet“, sagte er.
Der Generalkommissar der UNRWA wiederholte auch die weit verbreitete Forderung an Israel und die Hamas, sich auf einen Waffenstillstand und die Freilassung aller verbleibenden Geiseln zu einigen, die bei den von der Hamas angeführten Terroranschlägen in Israel am 7. Oktober entführt wurden. „Dies sollte eine Priorität sein, aber in der Zwischenzeit sollten Lebensmittel nicht als Kriegswaffe eingesetzt werden“, sagte Lazzarini.
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