Die internationale Gemeinschaft beobachtet gespannt, wie der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) im Mai dieses Jahres Anträge auf Haftbefehle gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu und seinen Kriegsminister Yoav Gallant gestellt hat. Karim Khan beschuldigte Netanyahu und Gallant in seinem Antrag im Mai, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Gazastreifen begangen zu haben.
Ein Gremium von Richtern des IStGH wurde dann beauftragt, die Anträge zu prüfen. Die Entscheidung über die Ausstellung der Haftbefehle wurde aufgrund des Drucks, den das Regime in Tel Aviv und seine Verbündeten ausübten, verzögert. Nun scheint die plötzliche Absetzung des Vorsitzenden Richters des Gremiums Khans Antrag noch weiter zu verzögern.
Der IStGH gab am Freitag bekannt, dass die rumänische Richterin Iulia Motoc aus medizinischen Gründen ersetzt wurde. Es wurden keine weiteren Details bekannt gegeben, da “die persönliche medizinische Situation von Richterin Motoc dem medizinischen Datenschutz unterliegt.“ Motoc wurde durch Beti Hohler ersetzt, eine Slowenin, die 2023 zur Richterin am IStGH gewählt wurde.
Hinter dem Austausch lauern nun verborgene Motive. Im Mai verurteilte Netanyahu die gegen ihn von Khan erhobenen Anschuldigungen als „Schande“ und schwor, den Völkermordkrieg im Gazastreifen fortzusetzen. Präsident Joe Biden, der sich voll und ganz hinter Israels Krieg im Gazastreifen gestellt hat, nannte Khans Schritt „skandalös“.
Israel hat offen gezeigt, dass es keinen Respekt vor internationalen Organisationen hat. Eine Untersuchung des Guardian und der israelischen Zeitschriften +972 und Local Call enthüllte im Mai, dass Israel fast ein Jahrzehnt lang einen geheimen „Krieg“ gegen den IStGH geführt hatte. Die Untersuchung ergab, dass Israel seine Geheimdienste einsetzte, um leitende Mitarbeiter des IStGH zu überwachen, zu hacken, unter Druck zu setzen, zu diffamieren und angeblich zu bedrohen, um die Untersuchungen des Gerichts zu vereiteln.
Ungeachtet der Wahrheit der Anschuldigungen ist es offensichtlich, dass Israel keine Skrupel hat, internationale Organisationen zu dämonisieren, wenn sie unter Druck stehen, die Gräueltaten des Regimes ans Licht zu bringen. Israel hat seit Beginn des Krieges im Gazastreifen im Oktober letzten Jahres fast 43.000 Palästinenser getötet. Israel tötet auch weiterhin libanesische Menschen unter dem Vorwand, Positionen der Widerstandsbewegung Hisbollah anzugreifen.
Die Absetzung des IStGH-Richters mag Netanyahu und andere israelische Verbrecher vorerst entlasten. Doch der Rauswurf wirft ein Licht auf den Druck, den Israels westliche Verbündete, insbesondere die Vereinigten Staaten, auf das Gericht ausüben, um die Verbrechen des Netanyahu-Regimes zu vertuschen. Washington hat Tel Aviv während des Gaza-Krieges zusätzliche Waffen geliefert und das Regime im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen durch sein Vetorecht geschützt.
Die wachsende globale Empörung über Israels Grausamkeiten im Gazastreifen und im Libanon wird nicht nur die Isolation des Regimes vertiefen, sondern auch die der USA aufgrund ihrer unerschütterlichen Unterstützung für die Apartheid-Entität.
