Israel im Verleugnungsmodus: David Grossman enthüllt in neuem Buch
In einem Moment, in dem das Gespräch über Israel zwischen Slogan und Dämonisierung schwankt, bringt David Grossmans Buch „Der denkende Herz“ eine Sammlung von Artikeln, Gesprächen, Reden und öffentlichen Interventionen vor und nach dem Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 nach Brasilien. Grossman, einer der prominentesten Schriftsteller der zeitgenössischen israelischen Literatur, schreibt aus einem Land, das er als unter „völliger Verleugnung der Realität“ lebend beschreibt und das von der Bedrohung bedroht ist, “eine Illusion von Demokratie zu werden“.
Jahrzehntelang war Grossman eine der aktivsten Stimmen gegen die Besetzung des Westjordanlandes und gegen das nationalistische Radikalisierungsprojekt, das heute die Regierung von Binyamin Netanyahu dominiert. Doch der 7. Oktober hat seine politische Grammatik verändert. Das Massaker enthüllte nicht nur die militärische Verwundbarkeit Israels, sondern auch eine tiefe Identitätskluft: Das Land erkannte, dass es weder vollständig Zuhause noch vollständig Festung ist. Die Folge wird eine „rechtere, militantere und rassistischere Gesellschaft“ sein, so seine Vorhersage.
Grossman schreibt nun mit Trauer, Erschöpfung und moralischer Desorientierung. Er erkennt an, dass die israelische Linke versagt hat und dass „eine Pistole mehr überzeugt als tausend Reden“. Trotzdem besteht er darauf, dass der einzige mögliche Ausweg ein schnelles politisches Abkommen ist, das von externen Mächten garantiert wird und die Perspektive von zwei Staaten wiederherstellt. Sein Einsatz ist minimal, fast residuell: nicht im Optimismus, sondern in der Fähigkeit, den Schmerz anderer anzuerkennen, bevor der Hass den Horizont irreversibel definiert.
Grossman, bekannt für seine Kombination aus Fiktion, Essay und politischem Zeugnis, schreibt nun weniger Literatur und mehr moralische Intervention, ausgehend von einer noch offenen Wunde. Er betont die Verantwortung des Schriftstellers, der der Gewalt widerstehen kann, indem er Worte schafft, die die laufende Entmenschlichung nicht reproduzieren. Sein Argument ist, dass es nicht darum geht, zwischen Anklage oder Zugehörigkeit zu wählen, sondern darum zu vermeiden, dass das Trauma die Fähigkeit zum Denken eliminiert und ein denkendes Herz inmitten der Katastrophe zu bewahren.
Team
Rike – Diplom-Volkswirtin mit einem ausgeprägten Interesse an internationalen Wirtschaftsbeziehungen und gesellschaftlichen Entwicklungen.
Christian – Diplom-Finanzwirt (FH) mit fundierter Erfahrung im öffentlichen Sektor und einem Fokus auf finanzpolitische Analysen.
Obwohl wir in vielen Fragen unterschiedliche Perspektiven einnehmen, teilen wir die Überzeugung, dass ein umfassendes Verständnis globaler Ereignisse nur durch die Betrachtung vielfältiger Standpunkte möglich ist.

